Besuchergruppe der Freiwilligen Feuerwehr Fellingshausen auf der Grube Malpertusim Februar 2023
Franz Gareis erzählt hier über seine, als Bergmann und später Verantwortlicher, live erlebte Montangeschichte auf der Grube Malpertus bei Wetzlar. Sehen Sie dazu Fotos und Videos der gesamten Führung in Teil 1 und Teil 2.
Anlässlich des diesjährigen 90. Geburtstages der FFW Fellingshausen habe ich nicht das „Dinner for one“ bearbeitet, sondern dankbar die Festschrift zur 75 Jahrfeier unserer freiwilligen Helfer/innen digitalisiert, um Text und Bilder nicht einzelnen, sondern allen zur Verfügung zu stellen. (Einige Seitenzahlen fehlen, da ich mich auf das Wesentliche konzentriert habe. Denn die Festschrift wurde mit Anzeigen finanziert, die ich hier nicht aufgenommen habe.) Den vollständigen Beitrag finden Sie auf der Seite der Vereinsgemeinschaft Fellingshausen: vg-fellingshausen.de Hier finden Sie die geschichtlich interessanten Seiten der Festschrift.
Beginnend am Keltentor und der kleinen nachgebauten Keltensiedlung mit Museum am Parkplatz „Krumbacher Kreuz“ startet auf dem Weg zum Gipfel des Dünsberges der Kunst-Weg.
der Wächter
„Keltic Art“, der Wächter im Schnee
Bei vielen Besuchern, Wanderern, Walkern, Bikern, Geschichtsinteressierten leben Erinnerungen an den freundlichen Förster auf, der Kunst und Kunst-Events auf dem Biebertaler Hausberg mitinitiierte, pflegte und bisweilen mit kulinarischen Genüssen bereicherte oder Wanderungen zu besonderen Themen für den Dünsbergverein anbot: Peter Moos, der im September 2015, kurz nach seinem 70. Geburtstag verstarb.
Unter dem Stichwort „Keltic Art“ entstand der Kunst-Pfad auf seine Initiative im Sommer 2002. Dazu hatte er 180jährige Eichen für Künstler aus der Region, wie Matthes von Oberhessen, der den Wettbewerb gewann, Wolfgang Brückner aus der Partnergemeinde Eibenstock oder CAI bereitgestellt. Während eines einwöchigen Symposiums schufen dann sieben Künstler die ersten sieben Skulpturen, die die lange Siedlungsgeschichte am Dünsberg zum Thema hatten. Im Sommer 2003 kamen weitere Skulpturen hinzu, so dass der gesamte Weg bis zum Dünsberg-Plateau mit Kunstwerken bestückt werden konnte.
Die geschlossenen Augen des „weisen Druiden“ am Keltentor stehen für Innerlichkeit und Fühlen; „die Spielerin“ (von Marc Fritsche) verbindet keltischen Schmuck, die Torque, in der rechten Hand mit dem modernen Fernsehturm in der linken Hand; die Skultur „Esus“, Gott des Waldes (von Henrik Wienecke), wurde von den Kelten verehrt – er war mit Fruchtbarkeit und Erfolg assoziiert; „der Eber“ war das wichtigste von den Kelten verehrte Tier und Begleiter von Esus, während als heilige Pflanze der Kelten die Mistel genannt wird. Horst Busch schul den „keltischen Jüngling“; eine detailreich ausgearbeitete Büste, die im Kontrast zum Bild, das der römische Geschichtsschreiber Tarcitus von den Kelten zeichnete. „Andraste“, die keltische Göttin des Krieges entstand aus der Hand von Matthes von Oberhessen. Sie schaut vom Schlachtfeld am Dünsberg Richtung Rom, zu ihren Füßen die Schädel der Besiegten. Imposant auch der „Adler auf der Wacht“ von Wolfgang Busch, der den Dünsberg symbolisch bewacht. Für die Kelten war er Symbol für die Macht des Staates. Auf der Schulter des mächtigen Vogels sitzt ein Marder als Symbol für die übrige Tierwelt. Kurz vor dem Gipfel ist dann als biblisches Motiv „Noahs Irrtum, ebenfalls von Matthes von Oberhessen, zu sehen. Noha besieht sein Werk, das er auf Wunsch seines Gottes geschaffen hat und ist verzweifelt. Sein Schiff ist in Anbetracht der nahenden Sintflut nicht tauglich. So wie die Arche am Berg Ararat strandet, scheiert die Arche von Matthes am Gipfel des Dünsbergs.
Fotos: Lindemann Quelle. Eine Hommage an Peter Moos, Gießener Anzeiger, 24. 8. 2022
30 Jahre partnerschaftlicher Beziehung zwischen Eibenstock und Biebertal
Sie werden immer seltener, die Begegnungen von Menschen aus Eibenstock in Sachsen und Biebertal. In diesem Jahr ist es aber ein rundes Jubiläum seit der Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunden. Genau 30 Jahre sind seit dem vergangen, Jahre des Kennenlernens, des anfangs recht intensiven Austausches von Besuchen, Begegnungen auf politischer und Vereinsebene.
In diesen 30 Jahren haben viele Biebertaler die schöne Bergstadt Eibenstock mit ihren Stadtteilen, Blauenthal, Wildenthal, Carlsfeld und Sosa besucht. Und viele bestiegen den 1018 Meter hohen Auersberg, ließen sich im Hotel am Bühl mit den angrenzenden Badegärten verwöhnen und schlossen persönlich Freundschaften.
Doch wie kam es überhaupt zu dieser Partnerschaft? Bereits 1958 gab es eine Patenschaft des Evangelischen Kirchenchores Rodheim und der kirchlichen Gemeinschaft in Eibenstock. Daraus entstanden persönliche Freundschaften, die sich über die Jahre hinweg weiterentwickelten. Die Eheleute Spaltner aus Rodheim waren eng mit einer Familie aus Eibenstock befreundet und so lag es nahe, dass die CDU Fraktion in der Biebertaler Gemeindevertretung im Jahre 1990 einen Antrag einbrachte, mit dem Ziel, eine freundschaftliche Beziehung mit Eibenstock einzugehen.
Die Sächsische Stadt im Osterzgebirge hat ca. 8.000 Einwohner und 4 Stadteile. Nach dem Ende der DDR und den ersten freien Wahlen im Jahre 1990 wurde der damals 29-jährige Uwe Staab (CDU) zum Bürgermeister gewählt. Im Mai 1991 reiste dann der damalige Bürgermeister von Biebertal, Günter Leicht, nach Eibenstock und unterzeichnete mit Uwe Staab die Partnerschaftsurkunde.
Peter Kleiner, Biebertals Erster Beigeordneter erinnert sich an seinen ersten Besuch in Eibenstock im Frühjahr 1990 mit einer Delegation der CDU Biebertal. „Wir waren beeindruckt vom herrlichen Rathaus, den historischen Gebäuden, die vom einstigen Wohlstand der Stadt zeugten aber auch vom Verfall, verursacht durch 45 Jahre sozialistischer Mangelwirtschaft.“ Die Wahl von Uwe Staab zum Bürgermeister erwies sich als Glücksfall. Er verstand es, die Stadt mit Zuschüssen des Bundes und Landes Sachsen zu modernisieren, den Verfall zu stoppen und sich für den Tourismus zu öffnen. Sein unermüdliches Engagement wurde von der Bevölkerung gewürdigt, denn er ist immer wieder und das bis heute als Bürgermeister wiedergewählt worden.
Peter Kleiner erinnert sich gern an die Feier zum 10-jährigen Bestehen der Partnerschaft im Jahre 2001 im Bürgerhaus Rodheim. Eine zahlreiche Delegation angeführt von Uwe Staab reiste aus Eibenstock an und man feierte ausgiebig. Seit dem hängt im Sitzungsraum des Bürgerhauses Rodheim ein Abguss des Wappens von Eibenstock.
Im Jahre 2005 feierte die Stadt Eibenstock ihr 850-jähriges Gründungsjubiläum. Zum Festakt in Eibenstock überbrachten der damalige Vorsitzende der Gemeindevertretung Helmut Kuhl (SPD) und Erster Beigeordneter Peter Kleiner (CDU) die Grüße und Glückwünsche unserer Gemeinde. Mit dabei war der Biebertaler Männergesangverein und beteiligte sich am Rahmenprogramm. In den letzten 15 Jahren gab es dann nur wenige offizielle Begegnungen. Umso schöner ist es, dass inzwischen viele private und auf Vereinsebene basierende Kontakte gibt – denn Freundschaft und Partnerschaft leben von Begegnungen der Menschen
Glück Auf! ( So grüßt man sich in Eibenstock, denn die Stadt hat eine bergmännische Tradition)
Quelle: Peter Kleiner, Krumbach – stellv. Bürgermeister
Die gute alte Postkarte erlebt wohl ihren 2. Frühling. Durch SMS und WhatsApp fast vergessen, erfreut sie sich jetzt wieder großer Beliebtheit. Auch die Büchergruppe auf Facebook, in der ich aktiv bin, hatte letztes Jahr die Idee eines Postkartenflashmobs. Da war ich auch auf der Suche nach Karten von unserem schönen Biebertal. Allerdings habe ich keine gefunden. Scheinbar hatte Rainer Rau das gleiche Problem. Aus den Collagen von Grafik-Designer Markus Wisker, der diese bereits 2007 erstellt hatte, werden jetzt Postkarten gedruckt. Von jeder verkauften Postkarte (Preis 1,30 Euro) gehen 30 Cent und nach Abzug der Druckkosten auch der Reinerlös als Spende an die Kitas Biebertals. Die Motive der Postkarten sind bereits in Großformat in den Ortsteilen zu sehen und bei folgenden Verkaufsstellen zu erhalten: Postagentur Rodheim, Heimatverein Rodheim, Heimatverein Frankenbach, Sparkasse Wetzlar, Volksbank Heuchelheim, Gemeindeverwaltung.
Quelle: Gießener Anzeiger v. 19.01.21 Fotos: C. Haus
Es war und ist nicht immer alles einfach, sechs Ortsteile unter einen Hut zu bekommen. Das weiß Bürgermeisterin Ortmann. Doch es ist schon viel zusammengewachsen.
Die Unterzeichnung der Urkunde zum Zusammenschluss war reine Männersache (v.l.): Otto Steinmüller (Fellingshausen, für den erkrankten Bürgermeister Helmut Wehn), Bürgermeister Wolf-Dieter Meckel (Rodheim-Bieber), der Erste Kreisbeigeordnete Erich Büscher (Wetzlar), Bürgermeister Ludwig Zimmer (Vetzberg), Bürgermeister Friedrich Kauß (Königsberg) und Bürgermeister Willi Herrmann (Krumbach) waren überzeugt von der Großgemeinde Biebertal. Repros und Fotos: Meina
BIEBERTAL – Eigentlich sollte Biebertal im Jahr 2020 ganz im Zeichen der Gründung der Gemeinde vor 50 Jahren stehen. Doch Corona-bedingt wurde daraus bekanntlich nichts. Ob die Feierlichkeit nachgeholt wird, bleibt offen. Dennoch lohnt es sich, einmal zurück-, aber auch nach vorn zu blicken. „Die Vereinigung von Königsberg, Rodheim-Bieber, Fellingshausen, Krumbach und Vetzberg war damals von oben gewollt“, weiß Elke Lepper, die Vorsitzende der Gemeindevertretung. Die Gebietsreform sollte in ganz Hessen neue, größere Verwaltungseinheiten schaffen und Synergien nutzen. Das Problem: Die Anforderungen an die bis dahin vor allem ehrenamtlichen Bürgermeister wurden immer größer. Als Großgemeinde konnte man sich die nötigen Verwaltungsmitarbeiter und einen hauptamtlichen Rathauschef leisten. Doch bis dahin brauchte es einiges an Überzeugungsarbeit, wie sich Lepper erinnert. Die Idee des Zusammenschlusses entstand bereits im Januar 1970 bei einem Gespräch zwischen Vertretern der SPD und der FWG in Fellingshausen. Man wollte zunächst mit der Doppelgemeinde Rodheim-Bieber Gespräche führen. Ende Juli stimmten dann die Gemeindevertreter in Rodheim-Bieber – wenn auch mit einigen Bedenken – der Idee zu. Vier Tage später wurde das Angebot auf Krumbach ausgedehnt. „Frankenbach wurde nicht gefragt, da sie sich bereits für einen hauptamtlichen Bürgermeister entschieden hatten“, erläutert Lepper. Frankenbach kam erst am 1. Januar 1977 zur Großgemeinde hinzu, nachdem sich dessen Bürger bei einer Volksbefragung mit großer Mehrheit für Biebertal und gegen Hohenahr ausgesprochen hatten. Fellingshausen und Vetzberg traten dem Zusammenschluss am 21. und 23. August 1970 bei. Die Königsberger taten sich deutlich schwerer. So ließ eine Bürgerumfrage auf massiven Widerstand schließen: 64 Prozent stimmten gegen einen Zusammenschluss. Doch das währte nicht lange. Eine Unterschriftensammlung drei Wochen später ergab das Gegenteil. Dieses Mal stimmten 69 Prozent für die Fusion. Als der Vertrag am 1. Dezember 1970 vom Ersten Kreisbeigeordneten aus Wetzlar an den neuen Interims-Bürgermeister – den bisherigen Bürgermeister von Rodheim-Bieber, Wolf-Dieter Meckel – übergeben wurde, änderte sich zunächst nicht viel.
Ganz faktisch aber zunächst der Name, die Größe und Einwohnerzahl. Für „Biebertal“ entschied man sich recht schnell, vor allem die Vetzberger und Bieberer sprachen sich dafür aus. „Königsberg wollte lieber Dünsbergen oder Dünsbergtal“, weiß Lepper. Doch sie wurden überstimmt.
Die Großgemeinde erstreckte sich nun über 3400 Hektar, wobei Königsberg mit 1226 Hektar flächenmäßig knapp der größte und Vetzberg mit 66 Hektar der kleinste Ortsteil ist. 8118 Einwohner hatte Biebertal nun. Als Frankenbach dazu kam, war die Gemeinde 4400 Hektar groß und hatte knapp 10 000 Einwohner.
Früh gab es ein erstes kleines Beben. Im Januar 1971 wurden die ersten Gemeindevertreter gewählt – mit einer Überraschung. Im sonstigen „roten“ Kreis Wetzlar, zu dem Biebertal damals gehörte, stimmte die Mehrheit (2384) für die Freie Wähler-gemeinschaft Biebertal (zehn Sitze), während die SPD 2173 Stimmen und neun Sitze erhielt. Interims-Bürgermeister Meckel soll daraufhin geäußert haben, „mit diesen Pharisäern“ nicht zusammen-arbeiten und nicht für das Bürgermeister-Amt kandidieren zu wollen. Somit stellte die FWG mit Helmut Bechlinger einen eigenen Bürgermeister. Nun gab es zwar eine gemeinsam gewählte Gemeindevertretung, aber dennoch beäugten sich die Bürger noch kritisch. „Es war einerseits zwar freiwillig, aber doch auch von oben bestimmt. Da braucht man Zeit. So etwas hat ja auch immer mit Identität zu tun, mit Wurzeln. Ich denke schon, dass es damals wie heute wichtig war, dass etwa Krumbach Krumbach bleibt, auch wenn es unter Biebertal fällt“, sagt Bürgermeisterin Patricia Ortmann, die damit eine zentrale Befürchtung von damals anspricht: Die Sorge, dass dem Einzelnen etwas weggenommen wird. „So etwas muss wachsen, es muss sich mit den Bürgern, der Wirtschaft und der Verwaltung entwickeln.“ Dazu gehörte auch, die Sorge ernst zu nehmen, dass Rodheim-Bieber alles bekommt und in den entlegeneren Ortsteilen nichts bleibt. Doch dafür sorgte bereits das Land mit der Vorgabe, dass in jedem Ortsteil eine bestimmte Infrastruktur bleibt oder entstehen muss, wie ein Bürgerhaus. „Das war eine wichtige Entscheidung, denn es ist auch heute noch ungemein wichtig, dass man einen Mittelpunkt im Ort hat“, betont Ortmann. Auch war der Bürgermeister damals verpflichtet, eine wöchentliche Bürgersprechstunde in jedem Ort abzuhalten. Diese gibt es heute nicht mehr. Umso wichtiger findet es Ortmann, dass die Bürger in jedem Ortsteil Ansprechpartner im Ortsbeirat haben. Lepper, die 1970 der Liebe wegen nach Biebertal – genauer Königsberg – zog, erinnert sich noch, dass es vor allem in den ersten Jahren immer wieder zu Sticheleien kam. „Man muss sich klar machen, dass jeder Ort gewachsen ist. Selbst die Dialekte sind teils unterschiedlich. Und plötzlich war man eins.“ Maibäume wurden geklaut und selbst Ehen über die Ortsgrenzen hinaus waren lange Zeit nicht gängig. Es gab aber auch Berührungspunkte, wie etwa die Schule. Die Kinder aus Königsberg, Vetzberg und Rodheim-Bieber wurden zusammen unterrichtet, es entstanden Freundschaften. Ähnlich ist es auch heute noch. In Fellingshausen gehen immer noch die Kinder aus Krumbach und Frankenbach in eine Grundschule. Auch in der Vereinsarbeit näherte man sich an. Lepper weiß noch, „dass der Chor in Königsberg 1975 sein Jubiläum feierte und dazu auch die Chöre aus den anderen Ortsteilen einlud, die gerne mitmachten.“ Ein Beispiel aus der jüngsten Zeit ist laut Ortmann die Teilnahme an der „Tour der Hoffnung“ 2019. „Alle haben an einem Strang gezogen und wir haben gezeigt, wie gut man miteinander funktioniert und was man schaffen kann, wenn man etwas gemeinsam anpackt.“ Ähnlich gehe man das nun mit dem neuen Stützpunkt für vier Feuerwehren an. „Auch wenn die Zusammenarbeit auch mal holprig war, ist das ein riesen Schritt und zeigt, wie gut wir zusammengewachsen sind.“ Schließlich müsse man gemeinsam in die Zukunft gehen, „alleine geht es nicht“. Ein künftiges Ziel ist eine bessere Verbindung zwischen den Ortsteilen – per Fahrrad und per Bus. Da gehe es auch um die Verbindung nach Wettenberg und Gießen. Als Flächengemeinde mit teils längeren Wegen sei es wichtig, mit der Zeit zu gehen. „Wir wollen die Verwaltung so gut wie möglich digital aufbauen, damit man nicht für Kleinigkeiten von Königsberg nach Rodheim muss“, so Ortmann. Dass die Rathauschefin keine Ur-Biebertalerin ist, sieht sie mittlerweile als Vorteil. Sie habe völlige Neutralität, keine Präferenz für einen Ortsteil. „Ich denke, dass man mir deshalb auch mit Geduld begegnet, aber ich muss auch liefern. Gerade bei Dingen wie der Mehrzweckhalle in Krumbach.“
Quelle: Jennifer Meina, >Alleine geht es nicht<, Gießener Anzeiger, 10.01.2021
Im Januar 2021 sieht es dort so aus – Vorbereitungen zu einem Apart-Hotel.
Foto: A. Lindemann
Erklärung: ein Boutique-Hotel zeichnet sich aus durch besonderes Design verbunden mit hochwertigem Service, meist in privater Hand. Beim Apart-Hotel werden kleine Wohneinheiten mit Wohn-, Schlafräumen, Küche und Bad vermietet, anders als bei einer Ferienwohnung auch für nur eine Übernachtung. Einfache Aparthotel werden gerne von Montage-Arbeitern gebucht. urlaubsguru.de/lexikon/aparthotel/
In diesem Jahr 2020, im Jahr der Corona-Pandemie, gibt es zwar keine Reden vor Publikum, dafür aber schriftliche Gedanken zum Volkstrauertag; In Fellingshausen hat der Vorsitzende der Vereinsgemeinschaft Fellingshausen, Steffen Balser – wie oben im Bild zu sehenden – seine Worte zum Lesen auf dem Friedhof am Fliegerdenkmal aufgestellt. Hier sind sie als erstes zu lesen. Im Anschluss daran finden Sie den Text des stellvertretenden Ortsvorstehers in Fellinghausen, Dr. Alfons Lindemann. Er hatte in den Jahren zuvor versprochen, seine Reden zum Nachlesen zu veröffentlichen.
2020 – verlorenes Jahr?
Jedes Jahr im November begehen wir den Volkstrauertag und gedenken der Opfern beider Weltkriege. Wir denken an die Soldaten, die an der Front gefallen sind, den unzähligen Menschen, die durch direkte Kriegs-handlungen getötet wurden, den zahlreichen Opfern, die durch das NS-Regime ums Leben kamen und den Menschen auf der ganzen Welt, die durch Krankheit, Not und Elend starben. Aber erinnern wir uns nicht nur an die Opfer der vergangenen Kriege. Auch heute fallen noch immer Soldaten in den verschiedenen Regionen der Welt.
Am 9. 11. jährt sich die Reichsprogromnacht in diesem Jahr zu 82. Mal. In dieser Nacht brannten Synagogen und jüdische Geschäfte im ganzen Deutschen Reich. Tausende Juden wurden misshandelt, verhaftet oder getötet. Spätestens an diesem Tag konnte jeder in Deutschland sehen, dass Antisemitismus und Rassismus bis hin zum Mord staatsoffiziell geworden waren. Diese Nacht war das offizielle Signal zum größten Völkermord in Europa. Aber dieser Hass richtet sich nicht ausschließlich gegen Juden, sondern gegen jeden in der Bevölkerung, der die Machenschaften der Nationalsozialisten nicht unterstützte.
Auch heute liest man in der Zeitung, dass rechte Gewalt in Deutschland wieder zunimmt. Rechtsextreme Gruppierungen erstarken und Aggression gegen Geflüchtete und Asylbewerber nehmen zu. Der Verfassungsschutz zählte im Jahr 2019 mehr als 22.300 Straftaten mit rechtsextremem Hintergrund. Darunter fällt z.B. der Mord des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübke oder die Attentate vor der Synagoge in Halle und am 19. Februar in der Hanauer Innenstadt. Aber spätestens, als am 29. August 2020 ca. 400 Rechtsextremisten und Regierungskritiker versuchten das Reichstagsgebäude zu stürmen, müssen bei jedem von uns alle Alarmglocken angehen.
Das Jahr 2020 ist sowieso ein verrücktes Jahr, wie es in der Geschichte selten vorkam. Selbst in unserer gefestigten Demokratie passieren Dinge, die wir vor einem Jahr für unvorstellbar hielten. In Deutschland gibt es unzählige Einschränkungen gegen das Grundgesetz. So wird z.B. die freie Entfaltung der Persönlichkeit, die Religionsfreiheit, die Versammlungsfreiheit und das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung eingeschränkt. Dies alles passiert durch Verordnungen, die die Bundes- und Landesregierungen erlassen. Es ist die Aufgabe der Regierung, dafür zu sorgen, dass die Gesundheitsvorsorge der Bevölkerung sicher gestellt wird; aber politische Debatten über Einschränkungen müssen in den Parlamenten geführt und dort mehrheitlich durch unsere gewählten Volksvertreter beschlossen werden.
Möglicherweise bietet die Cornoa-Pandemie auch eine Chance, um uns wieder auf die wichtigen Werte zu besinnen, So kümmern wir uns in dieser Zeit z.B. um unseren Nachbarn, der zum Einkaufen nicht das Haus verlassen kann, ober wir danken den Menschen im Gesundheitswesen, die mit dem Risiko leben, selbst infiziert zu werden und sich dennoch um Alte und Kranke kümmern. Wir unterstützen uns in Krisenzeiten und lassen niemand alleine, auch wenn wir Abstand halten.
Wie oft sind es erst die Ruinen, die den Blick auf den Himmel freigeben. Lasst uns dafür kämpfen, dass die Welt wieder ein Stück näher zusammenrückt und dass wir die Hoffnung auf eine bessere Welt nach Cornona nicht verlieren.
Denn: „selig sind die, die Frieden stiften“
Für die Vereinsgemeinschaft Fellingshausen Steffen Balser
Fotos: Steffen Balser
Liebe Fellingshäuser/innen,
im November, wenn das Laub von den Bäumen fällt und uns an den Tod erinnert, gedenken wir an Allerheiligen der Toten und erinnern uns am Volkstrauertag speziell an die Kriegsopfer und all der menschengemachten Leiden.
2020 ist in dieser Hinsicht ein besonderes Jahr. Denn 2020 ist die Fragilität des Lebens im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie in den Medien das dominierende Thema des Jahres.
Vielfach wird nun gewünscht: „Bleib gesund!“
Dabei hat sich – still und leise – eine Klima der Angst breit gemacht; Angst vor Infektion, Krankheit und Tod, Angst andere anzustecken, Angst vor Beschädigungen unserer Demokratie und vor Verlust des vertrauten Lebensstils.
Ein Virus braucht Wirte, in denen er sich vermehren und überleben kann. Sinnvollerweise gehen wir auf Abstand; wir verschleiern unsere Gesichter und desinfizieren, was das Zeug hält, womit das „Überspringen“ von Vieren verhindert werden soll.
So finden in diesem Jahr auch keine gemeinsamen Gedenkgottesdienste statt, keine Reden, kein Chorgesang. Bürgermeisterin und Ortsvorsteher/innen legen allein, stellvertretend in stillem Gedenken in den Ortsteilen von Biebertal Kränze nieder.
Das ist eine gute und richtige Vorsichtsmaßnahme, die den Respekt vor den Lebenden zum Ausdruck bringt.
Leider trägt die nun seit Monaten praktizierte Distanz, wie auch der fehlende Einblick in die Mimik unserer Mitmenschen, dazu bei unschöne Gefühle zu verstärken: das Gefühl der Unsicherheit, des Ausgeliefertseins und der bewusst gewordenen Zerbrechlichkeit des Lesens sowie eine Grundhaltung von Misstrauen und Angst. Wie schön war es doch, als wir uns über die Nähe zu anderen das Gefühl der Zugehörigkeit versichern konnten, uns geborgen und getröstet fühlen konnten! Wie schön war es, als wir uns ungezwungen zum Essen verabreden konnten oder dem einen oder anderen Kunstgenuss frönen, zum Eintrachtspiel fahren und uns in der Nordwestkurve dem Taumel der Gleichgesinnten hingeben oder selbst singen … und und und … konnten.
Irrwitzigerweise sprachen Politiker davon, wir seien im Krieg gegen Corona. Nein, das sind wir nicht! Ja, wir müssen uns mit einem Naturphänomen auseinandersetzen, aber nicht mit einem menschengemachten Desaster.
Die Kriege, Vertreibungen, Terrorangriffe gibt es noch immer an vielen Stellen der Welt und die Opferzahlen von Krieg, Hunger und Vertreibung sind um ein vielfaches höher, als die Opferzahlen der „durch oder mit“ dem SRAS-Cov19-Virus verstorbenen.
Und auch in unserem Land sind die Wunden der letzten 100 Jahr längst nicht verheilt: Spukgeister der Vergangenheit tauchen wieder vermehrt auf: Ressentiments, Vorurteile, Sündenbockdenken und ähnliches; manche klammern sich an längst überwunden geglaubte nationalistische und rassistische Scheinideale, wünschen sich „wissende“, bestimmende, für Ordnung sorgende, autoritäre Machthaber oder leiden an psychologischen Deformierungen und stellen die Basis unseres Wissens mit Fake Informationen und Befindlichkeiten in Frage; oder meinen, in religiösem oder ideologischem Wahn, im Besitz von Wahrheiten zu sein, die sie anderen mit Gewalt beibringen zu müssen glauben.
Darunter aber liegen sehr häufig alte Kränkung, Demütigung, Verletzung, vermeintliche Ansprüche auf Land, Bodenschätze, Wasser, Wissen usw., die als Motiv und Rechtfertigung für Gewalt, im gesellschaftlichen, wie im persönlichen, geltend gemacht werden. Auf die psychologischen Hintergründe war ich im letzten Jahr eingegangen. Als Ausgleich für dieses Gefühl der Schwäche bieten sich reale Macht, wie das Gefühl von Macht, aber auch Gier und Geiz als (scheinbare) Kompensation für die selbst oder von den Vorfahren erlebten Traumata an.
Die unterschwellig – über epigenetische Mechanismen und über soziale Vererbung – aus der Vergangenheit durch die Generationen weitergereichte Angst mischt sich mit einer diffusen Angst vor der Zukunft, die wegen Klimawandel, Energie- und Wasserkrisen, Strukturwandel, Flüchtlingsströmen, Artensterben usw. als bedrohlich wahrgenommen wird. Und, es ereilte uns in diesem Jahr eine Folge der Globalisierung und der schrumpfenden Lebensräume für Tiere, die es möglich machte, dass ein bis dato tierpathogener Keim auf die Spezies Mensch übersprang und unseren gewohnten Alltag durcheinander wirbelte.
Im Verlaufe des Jahres begriffen wir allmählich: das ist unsere neue Realität! Wieder einmal müssen wir uns anpassen und mit der gegebenen Situation fertig werden.
Wenn wir heute der Opfer zweier Weltkriege gedenken, können wir auch sehen lernen, wie die Menschen mit anderen schrecklichen Situationen fertig geworden sind, wie sie – gegen alle Widerstände – mit Zuversicht an die Gestaltung ihres Lebensraumes herangegangen sind. Zusammenhalt und Zusammenarbeit war dabei ein starker Anker, positive Ziele und Hoffnungen auf Besserung beflügelten sie und sie sorgten dafür, dass es ihre Kinder einmal besser haben könnten, als es der Elterngeneration vergönnt war. Schauen wir also nach vorn, formulieren wir attraktive, erreichbare, konkrete Ziele und lernen aus dem Blick in die Vergangenheit, was wir besser machen können.
In diesem Sinne ist der Volkstrauertag, wie auch die allgemeine Entschleunigung in diesem Jahr, ein Innehalten, eine Zeit zum Nachdenken darüber, was einer und einem jeden wirklich wirklich wichtig ist in diesem Leben.
Gemeindevertreter beschließen 2020 einstimmig, auch in Biebertal Stolpersteine für die Opfer des NS-Regimes zu verlegen: Fellingshäuser Str. 18 in Rodheim, Burgstraße 29 in Vetzberg. Denn im Rahmen des Eutanasieprogramms wurden drei Biebertaler in Hadamar und Eltville ums Leben gebracht. Die Verwandten von Wilhelmine Bechlinger (1908 – 1944), Emma Belloff (1875 – 1941) stimmten der Verlegung der Steine zu.
Die Idee zu den Stolpersteinen hatte der Künstler Gunter Demnig, der 1992 mit dem Projekt begann. Die Stilpersteine sind kleinen Gedenktafeln, die an das Schicksal der Menschen erinnern, die in der Zeit des Nationalsozialismus (NS-Zeit) verfolgt, ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Inzwischen wurden in Deutschland und in 25 weiteren europäischen Ländern Stolpersteine verlegt.
Mit dem Kölner Künstler wurde bereits Kontakt aufgenommen. Die Kosten für einen Stoperstein betragen 120,- Euro. Die SPD-Fraktion, die den Antrag eingebracht hatte, kündigte an, sich an den Kosten zu beteiligen. Frau Ortmann regte an, auch ein Denkmal für Vielfalt und Respekt an einem gut frequentierten Platz in der Gemeinde aufzustellen und Ideen dazu vorzubereiten.
im Namen des Ortsvorstandes begrüße ich Sie zu unserer Gedenkfeier.
Der Volkstrauertag, ist in der Erinnerung an die Kriegsopfer entstanden. Die Schrecken des Krieges sollten nie vergessen werden, … nirgendwo!
Kriegerische Auseinandersetzungen und Erfahrungen der Kindheit, der eigenen oder der von Vorfahren, hängen aus psychologischer Sicht eng miteinander zusammen.
Wir erleben das heute auf der Bundesrepublikanischen Bühne, wo 28 Jahre nach der Wiedervereinigung Deutschlands sichtbar wird, dass Integration nicht gelungen ist. Die jeweils von der ersten Generation verdrängten Kränkungen brechen nun in Vertrauensverlust und Wut auf „die da oben“ an die Oberfläche. Das gilt sowohl für Migranten, wie auch der Ost- und Westdeutsche, die plötzlich ihre lokale bzw. nationale Zugehörigkeit betonen. Es gibt verschiedenste Aufstellungen von Kriegsursachen. Sven Fuchs von der Uni Köln sagt: „Als Kind geliebte Menschen fangen keine Kriege an.“ Er hat eine Auflistung herausgesucht, die von der „Bundeszentrale für politische Bildung“ (Ein Teil von „Panorama der Konflikte – Weltkonflikte“ unter http://www.bpb.de/die_bpb/ZTTVEX,0,PDFVersionen.html) veröffentlicht wurde. Folgende Kriegsursachen werden aufgelistet:
TERRITORIALANSPRÜCHE, Konkurrenz um Grenzen und Gebiete
HERRSCHAFTSINTERESSEN, Durchsetzung politischer und ökonomischer Interessen durch Eliten
FEHLWAHRNEHMUNG, Falsche Beurteilung der Stärke und Absichten anderer Staaten
HERRSCHAFTSSICHERUNG, Furcht vor einer Bedrohung von außen
ABLENKUNG, Ablenkung von Konflikten innerhalb eines Staates
MACHTKONKURRENZ, Kampf um Vormachtstellungen in der Region
ROHSTOFFBEDARF, Konkurrenz um Ressourcen
INTERNER KOLONIALISMUS, Ökonomische Ausbeutung und politische Unterdrückung von
SOZIO-ÖKONOMISCHE HETEROGENITÄT, Auf krasser sozialer Ungerechtigkeit beruhende, bei Bevölkerungsgruppen und Regionen
ETHNISCH-KULTURELLE HETEROGENITÄT, Kein Interessensausgleich angesichts unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen, die keine „einheitliche Nation“ / Gesellschaftssysteme bilden
Diese Art von Kriegsursachenverständnis ist klassisch. Wenn man sich mit den emotionalen Ursachen (und dabei vor allem belastenden Kindheitserfahrungen) von Kriegen beschäftigt, erscheint einem diese Aufstellung allerdings doch sehr lückenhaft. Mehr noch, sie geht an den tieferen Ursachen komplett vorbei!
Viele „Begründungen“ beinhalten letztlich das gleiche: Menschen bzw. Nationen (und ihre Eliten) wollen etwas haben, etwas in Besitz bringen, um sich dadurch mächtiger zu fühlen und/oder weil sie meinen, einen rechtlichen Anspruch darauf zu haben und/oder um für sich (vor allem ökonomische) Vorteile und Annehmlichkeiten zu sichern (was wiederum auch Machtzuwachs bedeutet). Für die Erreichung dieser Ziele motivieren sie andere, in den Krieg zu ziehen.
Wenn man darum weiß, dass Menschen, die emotional lebendig sind und deren Mitgefühl nicht verschüttet ging, niemals (außer vielleicht in äußerster persönlicher Notwehr) einen anderen Menschen töten oder andere dazu motivieren könnten, dann erscheint dieses Ursachenverständnis allerdings wenig logisch. Macht, Geld, Land, Nahrung, Häuser usw. alles toll. Aber dafür töten? Nur Menschen, deren Emotionen erkaltet sind, können (der Macht willen) töten. Nur Menschen, deren Emotionen erkaltet sind, können hinterher irgendwie weiterleben, mit dem Wissen um ihre Taten.
Emotionen erkalten vor allem, wenn Gewalt in der Kindheit erlebt wird. Keine Lebensphase ist so bedeutend für die Entwicklung eines Menschen, wie die Kindheit. Die Regionen, in denen wir heute Kriege und Terror sehen, sind nachweisbar Regionen mit sehr hohen Raten von Kindesmisshandlung – das beinhaltet sowohl Gewalt gegen Kinder, wie auch Vernachlässigung oder Indoktrination für Ziele von Erwachsenen, also Instrumentalisierung von Kindern. Zudem spielt eine hohe Anzahl an jungen Männern, im Vergleich zur Gesamtbevölkerung in einer Region, eine Rolle.
Wenn man sich anschaut, dass Kriege weit höhere Kosten mit sich zu bringen, als (scheinbare) Gewinne, kann es kaum wirklich nur um Land, Öl, Geld und Macht gehen. Hitler-Deutschland und der Traum vom großen zusätzlichen Lebensraum oder gar der Weltherrschaft endete im genauen Gegenteil, dem Verlust großer Teile des Landes und der Zerstörungen der Infrastruktur und Ökonomie. Kriege wirken ungemein destruktiv auf alle gesellschaftlichen Bereiche. Sie behindern Innovationen und Fortschritt; binden Gelder, die in andere Bereiche investiert viel mehr einbringen würden; sie binden Personal und Führungskraft, sie schaden der eigenen Ökonomie und Gesellschaft. Nichts spricht dafür, dass es wirklich um die oben benannten Gründe geht; auch nicht im „Kampf der Kulturen“. (Buch von Samuel P. Huntington)
Wem bringt es etwas, wenn z.B. israelische Siedler wahllos aus Rache irgendwelche Palästinenser angreifen … oder umgekeht … oder angeblich anders aussehende Menschen?
Erstere Sache ist der Zündfunke oder das „rationalisierte Ziel“, das die Menschen vordergründig gebrauchen, um ihren Hass und ihre Gewalt zu entemotionalisieren bzw. zu rationalisieren. Dahinter verbirgt sich die Tatsache, dass nur emotional gestörte Menschen, Menschen mit einem tiefen inneren Hass, der seinen Ausdruck sucht, zu solchen Taten fähig sind. Menschen wollen hassen und wollen Gewalt, weil sie sich dadurch emotional kurzfristig befreit fühlen, „lebendig“ fühlen, Dampf ablassen können, bevor sich der Hass zu sehr gegen sie selbst richtet und sie selbst zerstört, bevor die Erinnerungen an die frühen Demütigungen zu sehr ins Bewusstsein gelangen. Um diesen gewollten Hass bauen sie sich ein „logisches Gerüst“, das meiner Meinung nach abgerissen gehört, um den Blick auf die tieferen Ursachen freizulegen. Das „logische Gerüst“ kommt zusätzlich je nach Region auf der Welt in anderen Formen und Farben zu Geltung. Gemeinsam ist jedoch immer wieder, dass da jemand, der als Kind schwer misshandelt wurde. Inder Folge ist so jemand voller abgespaltener Ängste, voller Wut und Hass. Doch in Irland sucht und findet er andere Feindbilder, die er aufgreifen kann, als ein Mensch mit dem selben persönlichen Hintergrund, der in Nordafrika aufwächst oder in Russland lebt etc.
(Ähnlich wie oben aufgeführt verhält es sich übrigens auch bzgl. privater Gewalt. Bei der klassischen „Beziehungstat“ – also wenn ein Mensch in einer Trennungssituation seine Partnerin/ seinen Partner umbringt, oftmals in sehr brutaler Art und Weise z.B. mit 20-30 Messerstichen – lässt sich hinterher vielleicht ein Eskalationsprozess feststellen, jahrelange Streitigkeiten um dies und das und alles, was in destruktiven Beziehungen so vor sich geht, aber erklärt das dann auch das Töten? Ist nicht die gestörte Beziehung an sich schon ein Ausdruck von gestörten Emotionen der beiden Partner? Und ist nicht erst recht das Abschlachten des Partners/der Partnerin ein Beleg dafür, dass der Täter / die Täterin ihre Emotionen abgespalten hat?)
In der heutigen Zeit erleben wir, wie Kriege durch Mitgefühl gerechtfertigt werden. Unsere emotionale Entwicklung ist fortgeschrittener, als sie noch Anfang des 19. Jahrhunderts oder auch davor war. Offiziell braucht es heutzutage eine andere Sprache der Politik, damit die Bevölkerung nicht revoltiert und den Krieg stillschweigend mitträgt. Dabei bleibt auch diese „nettere“ Sprache Heuchelei und verdeckt nur, dass Entscheidungen für einen Krieg von Menschen getroffen werden, die kein Mitgefühl kennen. Sie reden auch heute von „Moral“ und von „Mitgefühl“ für das Volk in Libyen und rechtfertigen so ihren Krieg und das Töten von Menschen. Heutige Kriege werden moralisch ausgerechnet. Wie viele Menschen müssen wir töten, damit wie viele Menschen nicht getötet werden? Tony Blair hat z.B. eindrucksvoll in seinem Buch „Mein Weg“ (2010) auf Seite 407 klar gemacht, dass er von 100.000 – 112.000 toten Irakern ausgeht. Davon seien aber ca. 70.000 nicht durch die westlichen Koalitionstruppen umgekommen, sondern durch religiös motivierte Gewalt… Den Streit um Zahlen und Wahrheit lassen wir hier mal außen vor. Blair übernimmt durch diese Aussage quasi die Verantwortung für zumindest 30-42.000 durch westliche Truppen getötete Iraker. Auf den Seiten davor und danach kommt dann seine moralische Gegenrechnung. Wie viele Kinder und Menschen hatte Saddam Hussein getötet, wie viele wären gestorben, wäre er weiter an der Macht geblieben? Sein moralischen Rechenergebnis: Ja, der Krieg war richtig, man tötete Menschen, aber viele andere konnten so gerettet werden… Da könnten wir jetzt – diesen Gedankengang folgend – auch (wieder) anfangen, Menschen für medizinische Versuche zu gebrauchen und ihren möglichen Tod in Kauf zu nehmen, um andere, viele andere zu retten, oder? Dann müssen wir außerdem unseren Kindern in Schule und Familie folgerichtig beibringen: Töten ist falsch, außer manchmal, alles klar? Wie erklärt man dies Kindern, dass das Töten hier falsch ist und dort richtig?
Ich versuche hier einigermaßen sachlich zu argumentieren, denn emotional lässt mich das Thema nicht kalt. Dennoch darf an dieser Stelle auch mal gesagt werden: „Ich finde diese gefühlskalte, heuchlerische Rhetorik (nicht nur von PolitikerInnen, sondern auch in Medien und Diskussionsrunden) , die vordergründig Gefühle und Mitgefühl verspricht und vorspielt, zum Kotzen! Ich finde den Militäreinsatz gegen Libyen zum Kotzen. Ich finde es zum Kotzen, dass die Welt immer noch nicht verstanden hat, dass Gewalt nicht durch Gewalt zu beenden ist.“
Ich bin überzeugt, wenn wir mehr miteinander in realen Kontakt kommen, einander wieder Nahe kommen und etwas miteinander tun und teilen, wird der Friede im Kleinen der Keim für einen Frieden im Großen. Denn: wenn nicht wir, wer denn dann?
Für mich ist der >Volkstrauertag< ein Tag geworden, der die Sehnsucht nach Frieden und Kooperation zum Ausdruck bringt. Denn wenn „der Andere“ nicht als Konkurrent, als Feind, der mit mir um knappe Ressourcen kämpft gesehen wird, sondern als Bereicherung durch Zusammentragen von Wissen und Können, … dann sind wir in unserer Gemeinschaft deutlich besser aufgestellt. Mir jedenfalls scheint, dass im Geben und Nehmen, im Teilen und Mit-teilen unsere menschlichen Stärken liegen.
Ich wünsche Ihnen allen viel davon; herzlichen Dank.